Abseits des lauten Trubels der Laufstege bietet die Berlin Fashion Week mit dem Berlin Contemporary Showroom einen unschätzbaren Einblick in das Herz der Mode. Hier, in entspannter Atmosphäre bei Drinks und Snacks, wird der kreative Prozess greifbar. Für Spring/Summer 2026 versammelten sich die Gewinner des renommierten „Berlin Contemporary“-Wettbewerbs – Gerrit Jacob, ioannes, kitschy couture und Laura Gerte –, um ihre Visionen zu präsentieren.
Zwischen Zerrissenheit und Identität: Laura Gerte und kitschy couture im Dialog
Persönliche anwesend waren Laura Gerte und Abarna Kugathasan von kitschy couture, die ihre Kollektionen mit einer tiefen persönlichen Note vorstellten. Laura Gerte entführt uns für SS26 in eine Welt voller emotionaler Widersprüche, die die weibliche Erfahrung prägen. Ihre Entwürfe sind ein kraftvoller Ausdruck des ständigen Spannungsfeldes zwischen Stärke und Zerbrechlichkeit, zwischen Lust und Wut. Zerrissene Stoffe und dekonstruierte Elemente treffen auf Kleider, die wie von schützenden Lagen umschlungen sind. Schwere, Materialien wie Jersey stehen im direkten Kontrast zu leichten, fließenden Stoffen wie Tüll und erzeugen eine Silhouette, die sowohl verletzlich als auch wehrhaft wirkt. Es ist eine zutiefst persönliche und tiefgründige Auseinandersetzung mit der Komplexität des Frauseins.
Gegenüber stand die Arbeit von kitschy couture, deren Kollektion eng mit dem Thema Identität verwoben ist. Designerin Abarna Kugathasan nutzt Mode als Sprache, um persönliche und kulturelle Narrative zu erforschen. Ihre Entwürfe für SS26 sind eine Feier des Selbst, eine spielerische und zugleich ernsthafte Befragung dessen, wer wir sind und wie wir uns der Welt zeigen wollen. Die Stücke sind oft reich an Details und erzählen Geschichten, die über reine Ästhetik hinausgehen und den Träger dazu einladen, seine eigene Identität selbstbewusst zu zelebrieren.
Von Airbrush-Träumen und fließender Sinnlichkeit: Gerrit Jacob und ioannes
Ergänzt wurde dieser intime Einblick durch die Kollektionen von Gerrit Jacob und ioannes, die das Spektrum des Showrooms um zwei weitere, markante Handschriften erweiterten. Gerrit Jacob bleibt seiner unverwechselbaren Ästhetik treu und liefert für SS26 eine Kollektion, die seine meisterhafte Airbrush-Technik mit einer Prise Y2K-Nostalgie und grafischer Schärfe verbindet. Seine Arbeiten sind laut, selbstbewusst und pulsieren vor Energie – Mode, die als Statement getragen wird und die Grenzen zwischen Kunst und Kleidung mühelos verschwimmen lässt.
Den perfekten Gegenpol dazu bildete die Kollektion von ioannes. Bekannt für seine subtile Eleganz und sein Gespür für den weiblichen Körper, präsentierte Designer Johannes Boehl Cronau Entwürfe, die von fließender Sinnlichkeit und meisterhaften Drapierungen geprägt sind. Seine körperbewussten Silhouetten zelebrieren eine moderne, unaufgeregte Form von Luxus und Weiblichkeit. Jedes Stück scheint in Bewegung entworfen zu sein und unterstreicht die natürliche Schönheit des Trägers, ohne zu verkleiden.
Zusammen boten die Designer einen faszinierenden Querschnitt durch die kreative Kraft, die Berlin derzeit auszeichnet.
Autor: Teo Müller – Fotos: Lea
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