Auch am letzten Messetag bot die Fashionsustain Herbst Winter 2020, die Konferenz zur Neonyt, spannende Talks und Masterclasses zum Thema Nachhaltigkeit. Das Themenspektrum war wie immer breit gefächert. Am 16. Januar konnten sich die Besucher beispielsweise zu den Themen Lieferketten-Gesetz, Textilzertifikate und Wasserschutz informieren.
Emanzipation durch Nähen
Am Mittag lud das Reportagen-Magazin aus der Schweiz zur Präsentation der Arbeit von Daniela Schröder. Die Journalistin schrieb für die aktuelle Ausgabe über ihre Recherche in Bangladesch. “Die Arbeit in den Textilfabriken verändert die Frauen – und sie verändern die Gesellschaft” lautet die Unterüberschrift. Natürlich kennen wir die Geschichten über üble Arbeitsbedingungen und Ausbeutung. Doch wie so oft, hat die Geschichte zwei Seiten. Um diese zu zeigen, begleitete Schröder zwei junge Näherinnen in ihrem Alltag. Die Arbeit in den Fabriken bedeute für viele Frauen ein selbstbestimmteres Leben, so Schröder. Ein Boykott der Region, aufgrund der Zustände, hätte schlimmere Ausmaße für sie. Deshalb müsse eine schrittweise Verbesserung stattfinden. Diese Meinung teilt der zweite Gast der Veranstaltung. Anne Neumann ist Expertin für die Arbeitsbedingungen in der Textilbranche. Die Mitarbeiterin von INKOTA, einer Organisation, die sich für eine gerechtere Welt einsetzt, sprach über ihre Arbeit und Erfahrungen. Sie sieht die Politik in der Pflicht. Das individuelle Kaufverhalten könne die weltweiten Standards nicht ändern. Das Problem bei der regionalen Erhöhung der Löhne sei die Abwanderung der Industrie. Gerade Bangladesch sei angewiesen auf die Arbeitsplätze, da keine wirtschaftlichen Alternativen bestünden.
Schnell wurde klar: Es gibt zu viele Themen für die kurze Zeit. Nach einer Stunde steht vor allem der Appell “Werdet nicht müde darüber zu sprechen. Es braucht die Öffentlichkeit, um langfristig etwas zu verändern.”
Next steps for the future: Der FashionHub
Der nächste Schritt, um Deutschland und besonders Berlin als Modestandort weiter zu etablieren, ist die Gründung des FashionHub. Was bereits zu Beginn der Fashion Week auf dem Empfang der textil+mode vorgestellt wurde, sollte auf der Fashionsustain weiter diskutiert werden. Von Beginn an wurde das Publikum dazu eingeladen, sich in die Unterhaltung einzubringen. Auf der Bühne waren Magdalena Schaffrin (Neonyt/Kaleidoscope Berlin), Marte Hentschel (Sourcebook/Sqetch), Natascha von Hirschhausen (Verband Berliner Modedesigner e.V.), Ariane Piper (Fashion Revolution) und die Sprecherin der Grünen-Politikerin Nicole Ludwig zu Gast.
Die Moderation übernahm die Berliner Designerin Layla Mueller. Alle sprachen begeistert von der Initiative, doch im Laufe des Gesprächs wurden auch die unterschiedlichen Schwerpunkte deutlich. Während sich Natascha von Hirschhausen vor allem Platz für Präsentation und Verkauf wünschte, betonte Marte Hentschel den wichtigen Zugang zu Einkäufern und Medien. Noch ist es vor allem eine lange Wunschliste, wenig Kapital und überhaupt kein festes Konzept. Ein Herr aus der dritten Reihe fragte nach dem Umfang des Hubs. “Wie groß soll das Gebäude denn sein?” Auch diese infrastrukturellen Fragen sind noch nicht geklärt. Das mag für einige zu abstrakt wirken, doch es bietet eben auch die Möglichkeit der Mitgestaltung. Noch werden Ideen gesammelt. Es wird groß gedacht und geträumt.
Am Nachmittag endete schließlich das Programm und damit auch die Konferenz. Die Fashionsustain Herbst Winter 2020 zeigte die große Bandbreite der Nachhaltigkeit-Themen und lieferte neuen Stoff zum Nachdenken und Umdenken.
Autorin: Lisa Beusch – Fotos: Lisa Beusch
Fashionsustain Herbst Winter 2020 MBFW Berlin – Impressionen
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