Johnny Coca wird creative director von Mulberry

Die momentane Situation des englischen Labels Mulberry erinnert an den griechischen Mythos von Ikarus – Hochmut kommt vor dem Fall. 2011 konnte man nirgendwo hingehen, ohne mindestens eine Tasche von Mulberry zu sehen. Lily, Alexa, Bayswater – wie sie alle hiessen. Von Hollywood über New York nach Zürich – eine Rückkehr der It-Bag. Es gab Wartelisten und wurde eine Limited-Edition herausgegeben, waren sie immer sofort ausverkauft. Das hatte sicher auch mit der damaligen Preispolitik des Labels zu tun –  im Vergleich mit anderen Luxuslabels waren die Preise von Mulberry geradezu human. Die Preisspanne bewegte sich zwischen 800 und 1500 Dollar für Echtleder-Taschen mit extrem hohen Wiedererkennungswert, was definitiv für mehr Leute erreichbar war als die meisten High-Fashion Brands.

Doch genau dann traf CEO Bruno Guillon (der 2012 von Hermès zu Mulberry wechselte) eine Entscheidung, die die Marke zu dem Punkt brachte, wo sie heute ist: überholt, überteuert, langweilig. Guillon wollte Mulberry im Olymp des hochpreisigen Segments ansetzen – wo sich sein früherer Arbeitgeber Hermès seit Jahren ausruht. Er setzte den Preispunkt der Taschen viel höher an, ohne jedoch groß eine Veränderung des Designs zu veranlassen. Keine exotischen Lederarten, keine nennenswerten neuen Modelle . Die Strategie, mit der Guillon auf Teufel komm raus eine Neupositionierung bewirken wollte, erwies sich schlussendlich als Schnitt ins eigene Fleisch. Wie Ikarus, der zu nahe an der Sonne flog, verbrannte sich Mulberry damit gehörig. Erst verließ creative director Emma Hill das Unternehmen, dann blieben auch die Kunden aus. So begab sich das Label in eine Abwärtsspirale, aus der es nicht mal mehr von Cara Delevigne gerettet werden konnte – ihre Kollektion für das englische Haus war ein totaler Flop. Wurde die Marke vor einem Jahr noch auf 1.5 Milliarden Dollar geschätzt, purzelte dieser Wert 2014 auf nur noch 660 Millionen. So schnell wie Guillon gekommen war, so schnell war er auch wieder weg. Und nun?

Mulberry versucht, die Fehler der Vergangenheit rückgängig zu machen. Erstens werden die Preise wieder runtergesetzt, und zweitens kamen vor einer Woche die News: Johnny Coca, der für Céline gearbeitet hat, wird in Zukunft die kreative Leitung des Hauses übernehmen. Eine Entscheidung, die durchaus Sinn macht – Céline ist das wahrgewordene Accessoire-Märchen der letzten fünf Jahre. Die Luggage Tote und die von Johnny Coca entworfene Trapeze Bag sind unglaublich populär. So sehr sogar, dass man fast schon wieder von Übersättigung sprechen könnte, weswegen der Wechsel auch aus Cocas Perspektive lukrativ zu sein scheint. Johnny Coca startet seine Arbeit im Juli 2015. Die Nachricht wurde offiziell vor einer Woche an Thanksgiving veröffentlicht – Gerüchte gingen natürlich schon seit Wochen um. Vielleicht ein bisschen ungeschickt, in einer von amerikanischer Presse dominierten Industrie diese große Veränderung an einem Feiertag bekannt zu geben. So sickerte die Neuigkeit nur langsam durch und hatte deswegen bestimmt nicht den Einschlag, den sich Mulberry erhofft hat. Ein Schritt in Richtung kreativer Veränderung ist getan – jetzt ist nur noch eine funktionierende Businessstrategie von einem kompetenten CEO nötig, um den einstigen Erfolg wiederherzustellen. 

Autor: Jonas – Foto: Mulberry

Check Also

Der Berliner Salon Frühjahr Sommer 2023 BFW

Der Berliner Salon im Kulturforum BFW SS23 – Designzukunft unter einem Hut

Der Berliner Salon, neu im Kulturforum, findet im Rahmen der Berliner Fashion Week SS23 statt. Vom …

Verein Berliner Modedesigner VBM

Verein Berliner Modedesigner (VBM) hat sich gegründet

Im der Hauptstadt leben und arbeiten viele Modedesigner und einige von ihnen haben am 5. …