Melisa Minca Autumn Winter auf der Berlin Fashion Week 2025: Mode als Rebellion, Mode als Revolution
Die Luft vibriert vor Erwartung. Doch bei Melisa Minca ist es keine gewöhnliche Modenschau, es ist ein Manifest. Die Designerin, bekannt für ihre radikale Herangehensweise an Mode, Nachhaltigkeit und Aktivismus, präsentiert ihre neue Kollektion an einem Ort, der genauso unkonventionell ist wie ihre Entwürfe: der Embassade. Der Raum ist voll, unübersichtlich, aber auf eine einladende Weise chaotisch. Einzelne von der Decke hängenden Glühbirnen tauchen die Szenerie in ein warmes, fast rohes Licht – ein passendes Setting für eine Kollektion, die sich mit der Unvollkommenheit, aber auch der Kraft des Widerstands auseinandersetzt.
Ein Erlebnis, keine Show
Ihre Show ist ein Ritual, eine gemeinsame Erfahrung. Eine Mikrofonstimme eröffnet die Veranstaltung mit einem Aufruf zur Verbindung: „Awareness – miteinander in Kontakt treten.“ Die Models schreiten langsam, fast ehrfürchtig auf den Laufsteg. Dann: eine geführte Meditation. Räucherstäbchen im Mund, tiefes Atmen – eine kollektive Einladung zur Entschleunigung in diesen schweren Zeiten. Im Hintergrund das Geräusch von plätscherndem Wasser, während sich der Moment entfaltet.
Doch Ruhe bleibt nicht lange das Leitmotiv. Plötzlich bricht Charlie XCXs „Apple“ los, Tänze erobern die Bühne, Äpfel fliegen ins Publikum. Der spielerische, ironische Umgang mit Kapitalismus und Konsum beginnt. Die Designerin setzt auf performative Elemente: Ein Schauspiel zu „You Don’t Own Me“ – eine bissige Auseinandersetzung mit Geld und Macht. Wasser aus drei Vasen wird ineinander umgefüllt und zurück, ein symbolischer Akt: „From our water to your water – our liberation is impossible without yours.“
Die Kollektion: ein Spiegel der Gesellschaft
Melisa Mincas Autumn Winter -Kollektion 2025 ist eine kraftvolle Antwort auf das System, in dem wir leben – eine Mischung aus Widerstand, Dekonstruktion und Wiederaufbau. Upcycling bleibt ihr zentrales Element, doch diesmal geht es über Nachhaltigkeit hinaus: Es geht um die Frage, wie wir uns selbst und die Gesellschaft neu zusammensetzen können. Einige der herausragenden Stücke: Kleidhalter aus Gürteln, die das Konstrukt des Zwangs durchbrechen. Ein Oberteil aus Hosenträgern, das Verspieltheit mit Strenge kombiniert. Eine Tasche aus Kabelbindern, als Symbol für die Bindungen des Kapitalismus. Ein Rock aus Spitzendeckchen, zarte Nostalgie trifft auf revolutionären Geist.
Die Kollektion ist eine Rebellion gegen Normen, sie umarmt das Imperfekte, das Wilde, das Unangepasste. Sie umschmeichelt diverse Körpertypen, Geschlechter und Identitäten – niemand wird ausgeschlossen, genauso wie niemand in der Gesellschaft ausgeschlossen werden sollte.
Der visuelle Eindruck der Kollektion ist ebenso ausdrucksstark wie ihre Botschaft. Sie kombiniert modische Rebellion mit funktionalen, oft unkonventionellen Materialien und Techniken. So entstehen Kleidungsstücke, die sowohl zeitlos als auch radikal erscheinen, mit einer starken Betonung auf Handwerkskunst und der Neuinterpretation von Vintage-Stoffen.
Politisches Statement
Die Models der Designerin halten der deutschen Politik und Gesellschaft einen Spiegel vor. Ihr Kommentar ist scharf, unverblümt:
„Germany is the Karen of politics.“,
„Call themselves Kartoffel but potatoes are from Peru.“
„Viele Firmen, die heute noch existieren, waren Teil des Nazi-Regimes – nur rebranded.“
Die Revolution, die Minca mit ihrer Mode anstößt, ist mehr als Widerstand – sie ist Freude, Genuss, Verbindung. Erotik als Kraft, Liebe als politische Resistance. „The revolution starts within.“
Ein Aufruf zur Veränderung
Die Kollektion zeigt, dass Mode weit mehr sein kann als Ästhetik – sie ist ein Werkzeug des Protests, eine Sprache des Widerstands. Ihre Show auf der Berlin Fashion Week 2025 war ein Moment der Ermächtigung, ein Aufruf zur Solidarität mit unterdrückten Gemeinschaften – von Palästina über den Jemen bis hin zu Syrien.
Ihre Botschaft bleibt klar: Fashion as a medium of advocacy. Mode nicht als Konsumgut, sondern als kraftvolles Medium, um die Welt zu verändern. In einer Branche, die oft oberflächlich erscheint, beweist Minca, dass Mode radikal, roh und revolutionär sein kann.
Eine Show, die nicht nur gesehen, sondern gefühlt werden musste.
Autor: Luna-Marie Grande Matos – Fotos: Alison
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