Der Designer Selva Huygens zeigte am 24. Mai SELVAs neue Ready-to-Wear-Kollektion – in einer eindrucksvollen Live-Inszenierung im Soho House Berlin. Statt klassischer Modenschau erlebte das Publikum ein postindustrielles Ritual aus Körper, Material und Ausdruckskraft. elmaître, als Plattform für experimentelle Formate an der Schnittstelle zwischen Mode, Kunst und Performance, kuratierte die Show und schuf die Bühne für ein Projekt, das Mode nicht nur zeigt, sondern als Prozess erfahrbar macht.
Akt der Transformation – Selva Huygens
Die Show begann mit absoluter Stille. Im Zentrum des Raums: ein Auto-Fragment, halb Objekt, halb Skulptur. Daraus kroch ein Model hervor – langsam, kraftvoll, fast animalisch. Noch während sich der Körper entfaltete, wurde live ein Outfit am Modell gefertigt: zugeschnitten, geformt, befestigt. Es war ein Akt der Transformation, roh und präzise zugleich – und ein klares Statement: Hier geht es nicht um Kleidung, sondern um das, was sie verkörpert. „Ich wollte, dass das Publikum den Moment der Entstehung spürt – das Handwerk, das Material“, sagte Golubenko, die Creative Direction von SELVA, nach der Show im Interview. Die Szene wirkte wie eine Geburt aus der Maschine, ein Hybrid zwischen Körper und Konstruktion und bereitete den Weg für die darauffolgende Inszenierung.
Duelle auf dem Runway
Im Anschluss öffnete sich die Bühne für die Runway-Performance. Immer zwei Models traten sich gegenüber, in langsamen, aufgeladenen Bewegungen. Sie wirkten wie in einem stummen Duell – suchend, fordernd, manchmal synchron, manchmal spiegelnd. Es war ein Spiel zwischen Konfrontation und Verbundenheit, das den Fokus weg vom bloßen Gehen hin zum Erzählen richtete. Die Kollektion zeigte radikale Silhouetten: Asymmetrische Schulterpartien, glänzende Oberflächen, Rüstungsfragmente aus recycelten Materialien, Autoteilen und Kunststoffplatten.
Die Silhouetten wirkten wie Schutzschichten, gebaut um Beweglichkeit, nicht um Starre. Einzelne Tops und Korsetts erinnerten an technisches Gerät – dennoch trugen sie sich am Körper wie organisch gewachsene Formen. Und dann die Schuhe: skulptural und handgemacht. Jedes Paar war ein Einzelstück, kurz vor Showbeginn gefertigt und direkt um das Bein drapiert. „They were the biggest risk – technically and visually“, sagte Selva Huygens später. Die Schuhe wirkten nicht wie Ergänzungen, sondern wie die architektonische Basis der Looks. Schwer, erdend, fast roh. Aber genau dadurch bekamen sie Bedeutung: Sie gaben Haltung, nicht nur physisch, sondern konzeptionell.

The modern-day warrior
Die Selva Huygens Kollektion war inspiriert von der Idee einer modernen Kriegerin – stark, verletzlich und kompromisslos. Jedes Outfit wirkte wie eine neue Form von Rüstung, nicht um sich zu verstecken, sondern um Haltung zu zeigen. Im Mittelpunkt stand dabei das Thema Women’s Empowerment, wie Huygens und Golubenko nach der Show erklärten.
Es ging darum, Kleidung zu schaffen, die schützt, aber gleichzeitig sichtbar macht. Die Verbindung aus industriellen Restmaterialien und starker Körpersprache brachte eine Ästhetik hervor, die roh, ehrlich und selbstbewusst war. Und genau deshalb macht es nur Sinn, dass SELVA auch von Künstlen wie Lady Gaga, Jared Leto und FKA Twigs getragen wurde.
Nach der eindrucksvollen Show, die von bananabeauty unterstützt wurde, richtet sich der Blick nun auf die Berlin Fashion Week SS26: Dort wird Selva Huygens im Rahmen des Studio2Retail-Programms erneut präsent sein. Das Label zählt zu den sechs Gewinnern des diesjährigen Konzeptwettbewerbs – ein weiterer Beleg für seine kreative Kraft und visionäre Haltung. Wir dürfen gespannt sein, welches Kapitel als nächstes geschrieben wird.
Autorin: Aaliyah Netnakhon – Fotos: KOWA-Berlin
Runway Fotos Selva Huygens x elmaître Runway Show 2025
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.