Metamorphosis Day2 Berlin Fashion Week

Talk Series Metamorphosis Day 2: Circularity & Innovation – BFW AW 25

Die Modebranche steht an einem Wendepunkt. Nachhaltigkeit ist längst kein Trend mehr, sondern eine Notwendigkeit. Die Metamorphosis Talk Series brachte in einem modernen, futuristischen Setting im NIO House Vordenker zusammen, um Lösungen für eine zirkuläre Wirtschaft zu diskutieren. Der zweite Tag des Events auf der BFW 25 machte klar: Lineare Produktionsmodelle sind überholt – die Zukunft gehört geschlossenen Kreisläufen, Reparaturdiensten und digitalen Innovationen.

Von linearen Ketten zu zirkulären Systemen – Ein notwendiger Wandel

Die erste Diskussion des Tages setzte den Ton für das Event: Nachhaltigkeit darf keine Option sein, sie muss integraler Bestandteil des Geschäftsmodells werden. Julia Aruni Kirschner, Impact & Innovation Director von Armedangels, und der amerikanische Innovationsberater Craig Crawford erklärten, wie sich Unternehmen dieser Herausforderung stellen.

Armedangels verfolgt einen radikalen Ansatz: Design muss nicht nur nachhaltig, sondern auch ästhetisch ansprechend sein. Die Marke setzt auf vollständige Transparenz in der Lieferkette, langlebige Produkte und Reparaturservices. Der Schlüssel zum Erfolg? Vertrauen aufbauen – sowohl mit Produzenten als auch mit Konsumenten.

„Wir wollen wachsen, um positiven Einfluss zu haben, nicht um mehr Schaden anzurichten“, betonte Kirschner. Das Unternehmen führt im April ein neues Impact-Protokoll ein, das noch detailliertere Einblicke in die Produktionsprozesse bietet. Gleichzeitig setzt Armedangels darauf, die Konsumenten aktiv einzubeziehen: Faire Preise für faire Arbeit zahlen, Produkte wertschätzen und sich bewusst für nachhaltige Alternativen entscheiden.

Circular Business Models: Die Modebranche muss reparieren – nicht ersetzen

Während Armedangels bereits zeigt, dass nachhaltiges Wirtschaften möglich ist, bleibt die Herausforderung für viele Marken bestehen: Wie kann ein zirkuläres Geschäftsmodell wirtschaftlich rentabel sein? Diese Frage stand im Mittelpunkt des zweiten Talks.

Manuel Braun (Systemiq Ltd.) stellte klar, dass Zirkularität kein neues Konzept ist – die Natur selbst arbeitet nach diesem Prinzip, doch die Modeindustrie hinkt hinterher. Agnes Weber (Mended) brachte es auf den Punkt: „Reparieren ist nicht direkt profitabel, aber ökonomisch wertvoll.“ Die Lösung liegt in starken Netzwerken: Ein globales Netzwerk aus Nähern, Reinigern und Upcycling-Dienstleistern kann Marken helfen, nachhaltige Serviceangebote zu schaffen.

Doch es gibt ein zentrales Problem: Es ist oft günstiger, neue Rohstoffe abzubauen, als recycelte Materialien zu verwenden. Mandy Krüger (eBay) sieht hier ebenso eine große Chance in Kooperationen: „Wir bieten Marken eine Plattform, um ihre Rückläufer weiterzuverkaufen und Kreislaufmodelle einfach in ihr Business zu integrieren.“ Transparenz in der Wertschöpfungskette und Anreize für Kunden, Kleidung länger zu tragen, sind entscheidend für den Erfolg. Hilfreich können hierbei die von Michele Casucci (Certilogo) vorgestellten NFC-Tags sein, die es ermöglichen, alle relevanten Informationen über ein Kleidungsstück in Echtzeit abzurufen: Herkunft, Materialien, Pflegehinweise. Die Integration dieser digitalen Transparenz schafft Vertrauen, kann durch Aufklärung mehr Bewusstsein beim Konsumenten schaffen und so den Lebenszyklus von Produkten verlängern.

Transparenz schafft Vertrauen – Veränderung braucht Handlung

Doch Transparenz allein reicht nicht. Im vierten Talk wurde deutlich: Es geht nicht nur darum, alle Informationen über die Lieferkette zu kennen – sondern auch darum, daraus die richtigen Konsequenzen zu ziehen.

Maliha Shoaib (Vogue Business) führte durch eine Diskussion mit Unternehmern, die daran arbeiten, nachhaltige Netzwerke aufzubauen. Danielle Keller Aviram (See Through) erklärte, dass gerade große Marken Schwierigkeiten haben, mit allen Akteuren ihrer Wertschöpfungskette in direkten Kontakt zu treten.

„Interaktion muss ansprechend sein“, ergänzte Roman Houlbreque (Retraced GmbH). Reparaturservices oder Rückgabemodelle müssen so gestaltet werden, dass Konsumenten sie gerne nutzen – nur so kann sich eine nachhaltige Kaufkultur etablieren.

Das Fashion Ecosystem der Zukunft – Mehr als nur Mode

Zum Abschluss der Veranstaltung wurde das große Ganze betrachtet: Welche Rolle spielen Städte wie Paris und Mailand für die Zukunft der Mode? Pascal Morand (Fédération de la Haute Couture et de la Mode) und Carlo Capasa (Camera Nazionale Della Moda Italiana) diskutierten, wie Mode Identität prägt, kulturelle Werte transportiert und sogar soziale Veränderungen vorantreiben kann.

Capasa brachte es auf den Punkt: „Mode kann mehr in sozialen Fragen bewirken als eine Regierung.“ Mode ist nicht nur eine Industrie, sondern ein Kommunikationsmittel – von Fashion Shows bis hin zu digitalen Innovationen. Doch damit der Wandel gelingt, braucht es einen globalen, kulturellen Wandel. Die Ökonomie ist noch nicht vollständig bereit für nachhaltige Modelle, doch das Bewusstsein wächst. Ein entscheidender Faktor ist dabei die Wertschätzung traditioneller Handwerkskunst: Der Artisan der Zukunft muss digital sein, damit er mit großen Marken in Kontakt treten und Teil eines nachhaltigen Systems werden kann.

Fazit: Nachhaltigkeit ist kein Trend, sondern eine Verpflichtung

Die Metamorphosis Talk Series auf der BFW 25 hat eines deutlich gemacht: Ein nachhaltiges Modeökosystem kann nicht allein durch Einzelinitiativen entstehen – es erfordert ein komplexes Zusammenspiel aus Netzwerken, Transparenz und kulturellem Austausch. Marken müssen Verantwortung übernehmen, Konsumenten müssen bewusster konsumieren, und Technologien wie digitale Produktpässe können den Wandel beschleunigen.

Auch braucht es Plattformen wie eBay, die Second-Hand-Modelle fördern, Firmen wie Retraced, die Transparenz ermöglichen, und Organisationen wie den Fashion Council Germany, die Brücken zwischen Akteuren schlagen. Mode muss als Netzwerk benutzt werden, denn Zirkulation braucht Kultur und Kommunikation, nur wenn kulturelle Wertschätzung der Nachhaltigkeit entsteht, kann Kleidung als langfristige Ressource betrachtet werden.

Autor und Fotos: Luna-Marie Grande Matos

Talk Series Metamorphosis Day 2: Circularity & Innovation

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