Fashion. Fetish. Music. Musik trifft auf Mode. Das internationale Festival für Filmemacher und Kunst, die Berlin Music Video Awards 2022 (BMVA) fanden in diesem Jahr vom 8. – 11. Juni 2022 im GRETCHEN in Berlin statt. Auch die 10. Ausgabe der BMVAs präsentierte wieder eine riesige Auswahl an Musikvideomarathons, professionellen Jurys, Live-Auftritten, Filmemacher-Workshops und Networking-Events.
Der letzte Festival-Tag wartete mit einem besonderes Highlight auf: sechs talentierte alternative Designer zeigten ihre neuesten Kreationen in einer großen Fashion Show. Natürlich mit der passenden musikalischen Untermalung. Die Fashion Show startete um 20 Uhr mit dem Music Act von Toya Delazy. Auf dem Runway wurden die Looks zunehmend glamouröser, ausgefallener und extravaganter. Das sind die individuellen Kollektionen der Designer, deren Namen wir uns merken werden:
Rebellious Renaissance – Flavia Giulia Tomassi
Die italienische Kostümbildnerin Flavia Giulia Tomassi ist bekannt für ihre besonderen Designs in TV-Shows, Theater und Kino. Ihre handwerklichen Fähigkeiten und ihr Know-How entwickelte sie durch ihre Mitarbeit bei einigen der renommiertesten “Theaterschneider” der Welt. Am letzten Abend der BVMAs präsentierte sie fantasievolle geschlechterübergreifende Looks. Dekonstruierte Bodysuits aus Netz, glitzernde Capes und Lederkleider. Ihre Designs wiesen Referenzen zur Renaissance auf: von Halskrause über Schulterwülste, Korsetts und Mantelkleider, sogenannte Ropas, bis hin zur “Braguette”, der Schamkapsel für den Herrn. Ein scharfer Kontrast zwischen steifer konservativer Historie und sexueller Fetisch-Ästhetik.
EDM Couture – L.O.M @ Berlin Music Video Awards 2022
Weitere Fetisch-inspirierte Designs zeigte auch L.O.M. Das in Brighton und Berlin ansässige Label wurde 2015 von Louise O’Mahony gegründet. Hauptinspiration für ihre Designs sind neben Natur, Wälder und Dschungel auch psychedelische Musik, alternative Festivalwelt und Berliner Clubszenen. Besonders letztere prägten die hier präsentierten Designs der Marke. Die auffälligen Looks lassen sich direkt zum nächsten EDM Festival tragen. Neonfarbene Bikinis nur bestehend aus dünnen Tangas und Nippelpads. Dazu durchscheinende Jacken oder bunt-bedruckte Socken mit Strapsen. Natürlich darf das passende Styling wie pinke Perücken und Neon-Eyeliner nicht fehlen. Auch L.O.M’s Designs sind keine Geschlechtergrenzen gesetzt.
Wonderful Waste – Marco Ward @ BMVA 2022
Dass Kleidungsstücke aus recyceltem Müll hergestellt werden und sogar stylish sein können, zeigte Marco Ward auf dem BVMA Runway. Die vom Pariser Designer gegründete Marke Minimal Waste beteiligt sich aktiv an einer Kreislaufwirtschaft, indem sie Abfall wieder in ihren Designprozess integriert. Die Mode zählt zu den umweltschädigendsten Industrien, die dringender Veränderung bedürfen. Deshalb fertigt Marco Ward seine Kleider vollständig aus Abfall, wie Fahrradschläuchen und Getränkedosen. Er präsentierte in Berlin erotische Silhouetten mit seinen komplett löchrigen Kleidern. Durch das recycelte Material erhalten die Designs starke Strukturen, wie ausgestellte Röcke und betonte Schultern, die einen selbstbewussten Look kreieren. Seiner schwarzen Kollektion setzte er durch den wiederverwendeten Abfall individuell bunte Akzente.
Fantastic Fairies – Charlie Mintson
Die BVMA Fashion Show blieb fantasievoll, auch bei Charlie Mintson. Der in Berlin ansässige Bühnenbildner, Kostümbildner und Art Director zeigte von Natur und Fantasiewelt inspirierte Looks in den außergewöhnlichsten Formen. Mintson strapazierte die Grenzen von Gender, Szenografie, Schmuck und Modedesign. Fetischisierte Bodysuits aus Netz mit Strapsen trafen auf rekonstruierte Blumen aus hartem Plastik. Gesichtsschmuck und Masken führten den Zuschauer in ferne Welten.
Holy History – Jacqueline Pingarrón (Jacq the Rimmel)
Zurück zu historisch-inspirierten Designs. Jacq the Rimmel brachte Kleidungselemente aus der Geschichte, wie Korsetts, Reifröcke, Halskrausen und Puffärmel zurück, interpretierte sie modern und ausgefallen. Die Brand ist eine spanische, handgefertigte Miederwarenmarke beeinflusst von der Musikwelt. Historische Mode trifft auf aktuellen Underground. Unter dem Motto “Korsett gegen die moderne Welt” möchte die Designerin Jacqueline Pingarròn mit ihren Kreationen Frauen stärken und die sexuelle Vielfalt fördern. Gegen Body Shaming und Stereotypen. Auf dem Laufsteg spielte sie hier mit Sexualität und historischen Kleidern, ließ Überkleider weg und zeigte unter Reifröcken und Halskrausen ihre Models in Dessous.
Fancy Fetish – Leonidas Kanavetsados
Weitere Interpretationen der Fetisch- und Underground-Welt zeigte Leonidas Kanavetsados. Der junge Mode- und Kostümdesigner kreiert Kleidungsstücke, Kopfbedeckungen und konzeptionelle Konstruktionen als einzigartige Kunstwerke inspiriert von futuristischen Fantasien. Seine Designs für die Berlin Video Music Award 2022 Fashion Show griffen Elemente der BDSM Szene auf und interpretierten diese in modernen Bodysuits. Rote Elemente akzentuieren die schwarz-weiße Farbpalette, greifen das Spiel zwischen Reinheit und Unreinheit auf. Auch Leonidas Kanavetsodas Kollektion bricht mit Gendernormen und demonstriert die Auflösung der Geschlechterrollen in der Modewelt.
Jede Kreation der sechs Designer war einzigartig, transportierte den Zuschauer in eine andere Welt. Nach der Flut auffälliger Looks, Farben und Designs schloss die Sängerin RaiNao die Fashion Show und somit die BVMAs. Insgesamt ein erfolgreiches Event für die Musik- wie auch die Modewelt.
Autorin: Marie Constanze Müller – Fotos: KOWA-Berlin – Videos: fashion cine for Fashionstreet-Berlin
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