Der MBFW Berlin Panel Talk: She’s Mercedes “Sustainability: The Luxury of our Future” startete am 16.03.2022, um 11 Uhr auf der Website von Mercedes-Benz Berlin. She’s Mercedes ist ein globales Netzwerk für Frauen, um Erfahrungswerte auszutauschen und Inspiration zu teilen. Im Laufe des Talks soll die Frage beantwortet werden, inwiefern Nachhaltigkeit die Zukunft des Luxus ist.
Moderiert wurde der Panel Talk von der Marketing-Kommunikationsleiterin Katja Ohly-Nauber von Mercedes-Benz Deutschland. Zu Gast waren die Unternehmerin und Gründerin des Online Blogazines Journelles, Jessy Weiß; Mitgründerin der Press Factory GmbH und Gründungsmitglied des Fashion Council Germany Mandie Bieneck; Guya Merkle als Gründerin und Geschäftsführerin von VIERI Responsible Jewellery und Julia Leifert, die Gründerin und Designerin ihres gleichnamigen Modelabels.
Aufklärung über Nachhaltigkeit in der Modebranche
Jessy Weiß gründete 2007 ihr Online Magazin LesMads aus der Leidenschaft heraus, über Mode zu schreiben. 2012 gründete sie ihre eigene Plattform Journelles, welches eines der größten unabhängigen Mode-Blogazine ist. Sie selbst erklärt, dass mit zunehmender beruflicher Erfahrung auch die Wertschätzung von Qualität und Handwerk zunimmt und selektiver berichtet wird. Nach ihren Aussagen soll Nachhaltigkeit nicht mehr nur ein Slogan, sondern sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Dennoch bringt die Umstellung auf eine nachhaltige Produktion auch hohe Kosten mit sich. Daher ist es wichtig, transparent zu agieren und zu kommunizieren. „Was bringt uns unendliches Wachstum?“, stellt sie als als rhetorische Frage in den Raum, denn: unendliches Wachstum führt uns ins nirgendwo.
So müssen Unternehmer*innen und Konsument*innen Werte setzen und sich fragen: „Bis wohin kann ich gehen? Jessy Weiß spricht als Tipp für Konsument*innen über das Prinzip des cost per wear. Dabei wird durch eine Formel bestimmt, wenn ein Kleidungsstück X mal getragen wird, wie viel dieses dann pro Tag kosten würde. Das soll dazu ermutigen, mehr Geld in nachhaltig und fair produzierte Mode zu investieren. Zudem bestehen bereits Ausleihmodelle für unter anderem Taschen, um eine Distanz zu dem vorherrschenden Besitzgedanken zu gewinnen. Für Jessy Weiß ist Frieden ein Zeichen des Luxus, welcher unbedingt bewahrt werden muss.
Julia Leifert gründete 2016 ihr gleichnamiges Label mit dem Hintergedanken ihr Bedürfnis nach Nachhaltigkeit zu erfüllen. Zunächst wurde ihr Konzept von ethischer Mode belächelt, aber mit dem Wandel der Gesellschaft wuchs auch der Anteil an Unterstützer*innen. Sie produziert ihre Capsule-Kollektionen in Europa und das organisch, transparent und in stetiger Kommunikation mit den Händlern in der lokalen Umgebung. Dabei verzichtet sie auf tierische Pelze, Leder und Viskose und vermeidet den Einsatz von chemischen Produkten. Die Capsule-Kollektionen ermöglichen ihr das Prinzip des Made-to-order. Dadurch kann sie der Ressourcenverschwendung entgegenwirken.
Nach ihren Aussagen in puncto Nachhaltigkeit wird der Nachhaltigkeitsbegriff sehr inflationär genutzt. Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Konsument*innen in geeignetem Maße aufgeklärt werden – sonst wird im Zweifelsfall das günstigere Produkt genommen. Julia Leifert stellt die Frage: „Wie nachhaltig kann Nachhaltigkeit sein?“ und regt damit zum Nachdenken an. Sie beschreibt, dass durchschnittlich lediglich drei Mal ein Kleidungsstück getragen wird. Ebenso spricht sie darüber, dass „wir (…) noch im statischen Denken verhaftet“ sind und ein Umdenken sowie ein anderes Verständnis von Wirtschaftlichkeit benötigen. Für Julia Leifert beinhaltet die nachhaltige Zukunft: Freiheit, Zeit, Gesundheit und gemeinsam an einem Strang zu ziehen und die Biodiversität voranzutreiben.
Luxus muss neu definiert werden
Die Gründerin von VIERI Responsible Fine Jewellery, Guya Merkle ist in Pforzheim geboren und kam vor einigen Jahren nach Berlin, um ihr eigenes Schmucklabel zu gründen. Nachdem sie sich über die Zustände in den Goldmienen in Peru einen Überblick verschafft hat, entschied sie sich dazu die Kreislaufwirtschaft im Bereich der Luxusindustrie neu zu definieren. Dazu sorgt sie dafür, dass Elektroaltgeräte recycled werden und in Form des World Gold Days über die Produktion von Schmuck transparent aufgeklärt wird.
Laut ihren Aussagen gilt „Gold als Krisenwährung“ und ist abhängig vom globalen Geschehen – denn Nachhaltigkeit ist nicht gleich kostengünstig. Guya Merkle fragt: „Was ist der wahre Luxus?“ Sie spricht darüber, wie die grüne Lunge abgeholzt wird und die Kinderarbeit in Goldmienen gefördert wird – „seit 12 Jahren hat sich nichts geändert“. Sie möchte eine neue Ära der Schmuckproduktion einleiten. Schmuck lässt sich schmelzen und somit wiederverwenden. Nach Guya Merkles Aussagen ist der wahre Luxus: Gerechtigkeit! „Was sind wir bereit zu zahlen, wenn es um eine globale Gerechtigkeit geht?“
Mandie Bieneck ist Mitgründerin der Press Factory GmbH und Gründungsmitglied des Fashion Council Germany. Sie selbst hat zuvor bei Guya Merkles Mutter gelernt. 2001 hat sie ihre eigene PR- und Marketing-Agentur gegründet. 2015 kam die Wende: „Wir haben verstanden, dass wir Teil des Problems sind.“ Daraufhin trennte sie sich gemeinsam mit ihrer Mitbegründerin von 80% der Kunden und haben einen Neubeginn gewagt. Mandie Bieneck erzählt, dass der Fast Fashion Boom die Modewelt überwältigt hat. „Was wäre, wenn wir wirklich die Menschen und den Planeten ins Zentrum der Entscheidung stellen würden?“ Die Zukunft ist laut ihren Aussagen Luxus, weil die Zukunft ungewiss ist.
Autorin: Annika Felicitas Schröder – Fotos: © Sebastian Reuter/Getty Image for Nowadays
MBFW Berlin Panel Talk: She’s Mercedes – Fashion Week Berlin AW 2022
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