Am 19. Januar stellt Iranerin Sepideh Ahadi im Rahmen der Berlin Fashion Week Herbst Winter 2023 ihre neue Kollektion in den Kant-Garagen vor. Die Ausstellung ihrer Kleidungsstücke findet unter dem Namen „Laleh-Zar”, zu deutsch „Tulpengarten”, statt und ist eine Hommage an die gleichnamige Straße im Iran. Sie ist ein Wahrzeichen für die Modernität und Kunst des Irans. Die künstlerische Seite des Staates dient Ahadi als Inspiration für ihre neuen Designs, insbesondere die Gemälde von Maler Keyvan Mahjoor.
Gefertigt im Iran, ausgestellt in Deutschland
Ahadis Kollektion wurde von Frauen im Iran hergestellt und nach und nach von unterschiedlichen Reisenden nach Deutschland gebracht. Das letzte piece der Kollektion wurde kurz vor Mahsa Aminis Tod nach Berlin transportiert. Amini wurde im September 2022 festgenommen, weil sie den Hijab in der Öffentlichkeit nicht korrekt getragen habe. Zwei Stunden nach ihrer Inhaftierung wurde sie von der Polizeistation in ein Krankenhaus gebracht. Nach Angaben der Polizei habe sie einen Herzinfarkt und einen Schlaganfall erlitten, in den sozialen Medien heißt es jedoch, dass Polizisten auf Aminis Kopf eingeprügelt hätten, nachdem sie sich gegen ihre Festnahme gewehrt habe. Den Protest der Frauen im Iran nimmt Sepideh Ahadi als Anlass für ihre Galerie und plant das Ganze in Kollaboration mit der iranischen Gemeinde in Berlin. Ahadi erzählt wie sie die Kraft des Miteinander seins während der Vorbereitungen förmlich spüren konnte. Gemeinsam sind wir stark. Ein Gedanke, an den die Modedesignerin fest glaubt. Denn traumatische Erlebnisse steht man besser zusammen durch. Schließlich haben alle Beteiligten des Events etwas gemeinsam: „We all left Iran but Iran never left us”, so die Schöpferin der Kollektion.
Ein Meer aus Vasen
Beim Betreten der Ausstellung fallen einem als aller erstes die unzähligen Vasen auf, die über den gesamten Boden der Garage verteilt sind. Groß, klein, braun, grün. Aber vor allem leer. Denn nur die Vasen, die sich unter den Kleidungsstücken Ahadis befinden, enthalten Tulpen. Eine Metapher dafür, dass die Mode der Designerin Hoffnung in der schlimmsten Zeit ihres Lebens gegeben hat.
Ihre Designs hängen an Metallketten von der Decke hinab, sodass man die Möglichkeit hat sie von allen Seiten zu betrachten. Das Farbschema der Kollektion sind neutrale Töne: schwarz, weiß, braun und dunkelgrau. Um bunte Farben und Euphorie geht es schließlich nicht. Viele Pullover sind zu sehen und Hemden, die mit abstrakten Mustern beschmückt sind. Die Kleidungsrichtung lässt sich als „casual wear with a twist” beschreiben. Weiße Blusen sind ausgestellt, denen durch einen Wasserfallausschnitt und fehlenden Ärmeln das besondere Etwas verliehen wird. Auch color-blocking kommt häufig unter den Kreationen vor; das meist betrachtete piece war der, von Gästen genannte, „Cruella de Vil” – Pullover, welcher zur einen Hälfte schwarz und zur anderen weiß war.
Die Perserteppiche, die verstreut den Beton bedecken, und die großen, dunklen Holzschränke dienen zur Dekoration und erinnern an Ahadis Heimat. An den Wänden der Ausstellung hängen Bilder von iranischen Frauen, die sich in ihrer Kleidung umarmen, an den Händen halten und ihre Verbundenheit ausdrücken. Das Video, welches während des gesamten Events begleitend läuft, zeigt ähnliche Ausschnitte. Frauen, die sich gegenseitig unterstützen und gleichzeitig die neue Kollektion zeigen. Eine vereinzelte Tanzeinlage in Ahadis Kleidung findet ergänzend statt.
Sepideh Ahadi Mode als politisches Statement
Sepideh Ahadis Show ist sowohl eine Präsentation ihrer neusten Designs als auch eine Art Installations-Kunst. Denn das hängende Arrangement der Werke stößt auf Zustimmung und Staunen der Gäste. Ebenso gut kommt der politische Aspekt der Veranstaltung an; nicht oft kommt es vor, dass Mode so offen mit Krisenthemen umgeht. Die Besucher der Ausstellung bewundern Ahadi für ihre Transparenz.
Die Kollektion und das Event widmet sie stolz allen mutigen iranischen Frauen und Männern, die in diesen schweren Zeiten zusammenhalten.
Autorin & Fotos: Julia Schäfers
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