LML STUDIO präsentierte seine Kollektion „Sensible Ensemble“ am 07. September bei der MBFW SS23 im Berliner Telegraphenamt. Lucas Meyer-Leclère, der Designer hinter LML, begeisterte das Publikum mit seinen kunstvollen Unikaten und auch in Sachen Präsentation wurde es außergewöhnlich und theatralisch. Backstage verriet uns Lucas einige Gedanken zur neuen Saison, Sensibilität und seiner unkonventionellen Show.
Sensible Ensemble – Kunst auf allen Ebenen
Während des letzten Runways auf der Mercedes-Benz Fashion Week Spring Summer 2023 boten 46 male models ein wahres Berliner Ensemble. Sensibilität dabei als Leitmotiv und Sinnbild der Stärke. Die Designs waren auch in dieser Saison handbemalte, de- und rekonstruierte Upcyle Unikate. Kleidung, die tragbare Kunst ist. Die signifikante Handschrift des jungen Designers dabei unverkennbar. Frei von Trends, Schubladen und Vorurteilen, dafür voll von inspirierender Kreativität bis ins letzte Detail.
Los ging es zunächst mit einem dramatischen Einstieg, sowie einer Dankesrede des Designers. Das erste Model betrat den zunächst recht dunklen Laufsteg und bewegte sich mit langsamen Schritt zwischen den Zuschauern. Mit einem Back-Flip des Models gewann der erste Part der Show „Berliner Ensemble“ plötzlich an Tempo und ließ die Zuschauer staunen. Begleitet durch den Soundtrack „Eros Techno“ von Verónica Mota präsentierte LML Studio zunächst 21 Looks der kunstvollen Kollektion. Von düster und rough zu zunehmend eleganten und dramatischen Looks, stets in Kombination mit den legendären Dr.Martens Boots.
Unterlegt wurde der erste Teil von einem selbstgeschriebenen Gedicht des Designers, den er von Backstage aus vorlas. Mit den Worten „Vergiss Selbsthass, vergiss Verachtung. Liebe, was du liebst: frei von Schuld“, leitete Lucas über in den zweiten Part der Kollektionspräsentation.
Gesungen von vier der Models, war „Sag mir wo die Blumen sind“ der Soundtrack für den zunehmend bunteren Folgeabschnitt. Die Looks wurden spielerischer, die Kunst präsenter. Outfit für Outfit spitzte sich die Stimmung zu und mündete schließlich im dritten Part „Club Consent“. Neben der Live-Performance „GRIND“ von Künstler Pzudemo, untermalte ein Mix aus Beat und Lustgestöhne den euphorischen Höhepunkt der Show und stieß manche Zuschauer vor den Kopf.
Finaler Höhepunkt – intensiv und doch sensibel
Den krönenden Abschluss der radikal modernen Show machte schließlich ein doch recht klassisches Runway Element: der finale „wedding look“. Präsentiert von zwei Models in Anzug und bridal gown, während ein dritter die dramatisch lange Schleppe festhielt. Der Abschluss der Show, begleitet von Chor Klängen des Stücks „death, time and eternity“ liess die Zuschauer ein letztes Mal staunen und Innehalten. Alle Looks zogen im zügigen Tempo über den Laufsteg und erwiesen sich auch in der Komposition als Gesamtkunstwerk.
Von bunt und funky bis hin zu düster und cool. LML bot eine sinnbildliche Palette der Sensibilität. Für die Kollektion holte sich Lucas allerdings auch Verstärkung ins Team. Maler Victor Manuel Payares verewigte sich auf zwei Teilen der Kollektion, während die Designerin Isabel Vollrath einige ihrer Modestücke für das Styling der Runway Show auslieh. Ebenfalls waren Stücke aus der LML Studio SS22 Kollektion „Painted Love“, sowie die detailverliebten Knitwear Pieces von Designerin Miriam Bork zu sehen. Jeder der präsentierten 46 Looks war unverwechselbar. Jede Silhouette so individuell, wie die Models selbst, die die Looks erst wahrlich belebten. Ein Ensemble der Sensibilität, das LML Studio für SS23 darlegte. Wahrlich Kunst auf allen Ebenen.
Lucas Meyer-Leclère – Backstage im Kurzinterview
Nach der Fashion Show hat unsere Redakteurin Eliza Bos den LML Studio Designer Lucas Meyer-Leclère backstage getroffen und über die neuen Kollektion gesprochen:
FSB: Lucas, wie fühlst du dich nach dieser tollen Show?
Lucas: Ich fühle mich toll. Ich hoffe, du auch.
FSB: Danke, das tue ich auch. Ich habe deine Show sehr genossen. Die Aufteilung in drei Akte hat mich an ein Theaterstück erinnert. Welche Intentionen stecken hinter dem Konzept?
Lucas: Nun, es war in der Tat ziemlich theatralisch, wie du sagst. Die Idee war, eine Art Höhepunkt aufzubauen. In der Lage zu sein, eine Erzählung innerhalb der Geschichte zu haben und nicht nur einen traditionellen Runway. Ich bin immer gelangweilt von Modenschauen, selbst von den schönsten Shows. Ich bin wirklich schnell gelangweilt, also dachte ich: was, wenn ich der Zuschauer wäre. Und ich würde mir etwas anderes wünschen, um es aufzupeppen. Das heißt nicht, dass man weiß, dass sich niemand anders langweilen wird, aber zumindest wollte ich etwas anderes versuchen.
FSB: Und was steckt hinter dem Konzept der Kollektion „Sensible Ensemble“ SS23?
Lucas: Nun, es ist sehr vielfältig. Es gibt also kein bestimmtes Konzept. Die Idee ist, einen Liebesbrief an die verschiedenen Menschen in Berlin zu schreiben. Und an die Menschen, die mich inspirieren. Das wäre also im Grunde das Konzept. All die Dinge zu finden, die ich liebe, und sich auf sie zu konzentrieren, anstatt auf das, was mich traurig macht oder was mir Schmerzen bereitet. Deshalb gibt es so eine chromatische Feier nach dem ersten Part, der etwas dunkler ist. Daher auch die Idee für den Teil „Club-Consent“, der selbst durch den ersten, dunklen Teil hindurchscheint.
FSB: Welche Wirkung möchtest du in der Modewelt oder der Welt im Allgemeinen haben?
Lucas: Nun, das ist ein bisschen anmaßend. Ich kann sagen, was ich gerne mache und genieße, ist Kleidung zu machen. Und je mehr Leute meine Designs tragen, desto glücklicher bin ich.
FSB: Wie sensibel ist deine Wahrnehmung und wie übersetzt du sie in deine Designsprache?
Lucas: Ich denke, jeder, der kreiert, hat eine gewisse Sensibilität. Es wäre schwer für mich zu entziffern, wie hoch diese ist. Mir ist klar, dass ich im Vergleich zu anderen Freunden schneller und intensiver von bestimmten Dingen betroffen sein kann und dass es darum geht, zu lernen, wie man sich aus Situation, die einem falsch vorkommen, entfernen kann. Versuchen eine andere Perspektive auf die Dinge zu gewinnen, genauso in Sachen Kleidung und Mode. Viele der Sachen sind sehr klassisch, aber sie haben dennoch eine Art Twist in sich. Es geht für mich darum, neue Wege zu erschließen. Daher war es so schön, mit Miriam Bork zu arbeiten, die alle Strickwaren gemacht und mit mir hart an dieser Kollektion gearbeitet hat. Sie hat meinen Geschmack herausgefordert und das mag ich sehr.
FSB: Und wie schaffst du es aus einer dunklen Periode in deinem Leben, wieder zum Licht zu kommen?
Lucas: Dankbarkeit, Meditation, Training. Kein Alkohol. Keine Drogen. Und eine Menge Zigaretten, gute Musik und Freunde machen meist den Trick.
FSB: Berücksichtigst du Trends zum Beispiel in Sachen Farbe, wenn du an einer neuen Kollektion arbeitest?
Lucas: Oh mein Gott, nein. Nein, nein, nein, das ist das Traurigste, was ich je gehört habe.
FSB: Zu guter Letzt: wie feierst du deine erfolgreiche Show heute Abend?
Lucas: Heute Nacht haben wir eine After-Party, weil ich wirklich das Glück habe, eine wundervolle PR Agentin, Norma Quinto zu haben. Sie hat viel gekämpft, um einen schönen Ort zu finden, wo alle Models und das Team feiern können. Sie sagte, wir sollten eine After-Party haben, weil es gut für ist, nach der Show alles herauszulassen. Und ich bin sehr glücklich, John Arrow dabei zu haben, der für uns ein bisschen performen und tanzen wird. So werde ich feiern.
Original Interview mit Lucas Meyer-Leclère (Englisch)
Autorin & Interview: Eliza Bos – Fotos der LML STUDIO SS23 Show: Sebastian Reuter/Getty Images for Nowadays
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