Fashionstreet-Berlin hat sich während der Mercedes-Benz Fashion Week mit der Designerin Anja Gockel kurz vor ihrer Anja Gockel zur Herbst Winter 2020 Show zum Interview getroffen. Das Interview und die Show fanden, wie schon in den letzten Jahren im Berliner Hotel Adlon Kempinski statt.
Interview mit Anja Gockel zur Herbst Winter 2020 Kollektion “JOY”
Trotz der jahrelangen Erfahrungen ist Anja Gockel sichtlich aufgeregt 20 Minuten vor Showbeginn. Die ersten Gäste sind bereits vor Ort und Backstage stehen die Journalisten sowie Fotografen schlange, um mit der Designerin ein kurzes Interview führen zu können. Die Stimmung ist angespannt aber dennoch ist Anja Gockel gut gelaunt.
FSB: Frau Gockel wie gehen Sie mit Aufregung um?
Ich versuche mich dabei immer an die Freude zu erinnern und die Aufregung nicht überwiegen zu lassen. Wobei Aufregung auch etwas Schönes sein kann, sie darf nur nicht in Angst münden. Was meine Sache der Aufregung ausmacht ist nicht nur meine Kollektion zu zeigen sondern mein Thema. Das macht es für mich persönlich aufregend. Diese Saison heißt es JOY.
Gerade im Winter verlieren wir unsere Freude und das graue, triste Wetter trägt ebenfalls dazu bei. Umso mehr müssen wir uns daran erinnern, wie gut es uns doch eigentlich geht und was für ein großartiges Leben wir haben.”
FSB: Nicht nur die Freude im Alltag hat die Designerin inspiriert. Wie bereits in der letzten Saison gibt es einen politischen Leitgedanken, so tritt sie dieses mal für ein gemeinschaftliches Europa ein. Die Europahymne “Ode an die Freude” von Beethoven diente ihr hierzu als Grundlage.
Die Mitte Deutschlands und Europas müssen zusammenhalten und stark sein, Gesicht zeigen gegen Radikale! Wir dürfen niemals an der Grundidee Europas zweifeln! Wir müssen Europa kräftigen und eine klare Message senden in jedem Bereich.
FSB: Anja Gockel bezeichnet ihre Mode selber als “content fashion” mit der sie stets Werte und Inhalte vermitteln will.
Schönheit liegt für mich in der Tiefe. Die jugendliche Schönheit verblast irgendwann und ist vergänglich, deshalb muss die innere Schönheit umso mehr strahlen und diese innere Energie muss man nutzen. Dafür muss man Inhalte vermitteln und Tiefe habe. Gleiches gilt für meine Mode.
FSB: Dies drückt die Designerin mit ihrem Label z.B. in nachhaltiger Produktion aus. Jedes Teil, welches auf der Fashion Show gezeigt wird, wird nur einmal in jeder Größe in Deutschland produziert. Der Manufakturcharakter ist ihr dabei besonders wichtig und die damit einhergehende Wertschätzung sowie Beständigkeit der Kleidungsstücke.
Es ist mir wichtig, dass wir der Gegenpol zur Massenindustrie sind. Denn wir dürfen nicht Mode im allgemeinen verteufeln. Es ist die Massenmode die Arbeitssklaven hat und die Unmengen von Müll produziert. Das Wegwerfen muss aufhören! Lieber ein Teil pro Saison kaufen, was dann zu deinem Lieblingsteil wird und jahrelang getragen wird.
Leider ist der Geiz noch tief in der deutschen Mentalität verwurzelt und die breite Bevölkerung ist noch nicht bereit dazu angemessene Preise für Produkte zu zahlen. Aber ich behaupte die Mode ist unsere zweite Haut und ich denke, das wirkt sich auf unser Charisma aus was wir tragen. Die Menschen müssen sich bewusst werden, wenn ein Kleidungsstück sehr billig ist, muss irgendjemand in der Wertschöpfungskette gelitten haben und es muss zu Menschen verachtenden Bedingungen hergestellt worden sein. Deswegen produziert mein Label Anja Gockel seit 24 Jahren zu fairen, nachhaltigen Bedingungen
Übersetzt in ihre Mode heißt das, Vielseitigkeit und farbenfrohe Stoffe soweit das Auge reicht. Ein Symbol für ein multikulturelles Europa und die weltliche Reise zur Freude.
Interview: Isabelle Thiede – Fotos: Stefan Koppelmann
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